Montagsgedanken – Sprache
Sprache dient natürlich in erster Linie der Kommunikation.
So denken wir uns das jedenfalls. Heute dagegen habe ich ein Beispiel erlebt, bei dem nur ein Versuch der Kommunikation stattgefunden hat. Der leider gründlich misslungen ist. Und das kam so: Im Bus werden die Stationen vom Band angesagt. Das hat einen guten Grund. Denn an einer Station sagte der Busfahrer persönlich: „Gorsschwängent!“ Ich musste kurz überlegen: „Gorsschwängent“? Was heißt denn das? Innerhalb der nächsten Sekunden dämmerte mir: Er wollte sagen: „Vorsicht beim Aussteigen bitte!“ Weil der Bus etwas schief zur Haltestelle stand. Sprache als Mittel zur Kommunikation also…nicht so ganz geglückt, möchte ich sagen. Denn was nützt eine Mitteilung, die man nicht versteht? Nun gut, im alltäglichen Sprachumgang neigen wir alle dazu, etwas undeutlich zu sprechen, außerdem kommen noch Dialekt-Färbungen dazu – wir Berliner sagen oft „Fümf“ statt „Fünf“, der Tisch wird zum „Tüsch“, genauso ergeht es dem „Füsch“, wir ziehen Wörter auf kurz: „Haste ma…“ statt „Hast du mal…“ und Ähnliches. So lange die Mitmenschen um uns herum das verstehen, ist alles gut genug; gebildetere Menschen befleißigen sich gerne einer gehobeneren Ausdrucksweise, um zu zeigen, dass sie sich auf scharfen Verstand und geschliffene Worte verstehen – und ausgebildete Schauspieler und Sprecher für Radio, Hörbücher und Film erreichen noch ein ganz anderes Niveau – als unser Jüngster klein war, kam er manchmal mit in PANs Studio, das damals im Haus der Berliner Synchron in Lankwitz seine Räume hatte. Dort saßen in den Gängen ab und zu Sprecher*innen, die auf die Aufnahme ihrer Takes für Serien und Spielfilme warteten. Und was ihn stark beeindruckt hat, war die Tatsache, dass diese Menschen ganz am Ende des Ganges stehen konnten, hinter vorgehaltener Hand in ihr Handy flüsterten, und trotzdem konnte er jedes Wort verstehen, das sie sagten!
Jeder Schauspieler, der eine gute Rhetorik-Ausbildung genießt, setzt sich mit Stimmbildung auseinander. Dafür wird noch heute gerne „Der kleine Hey – Die Kunst des Sprechens“ von Julius Hey eingesetzt, ein Buch voller Aufgaben mit Sprechtraining, eigentlich für die gesangliche Stimmbildung. Es trainiert aber das deutliche Sprechen genauso wie den Einsatz des Zwerchfells als Stütze. Denn ein/e Schauspieler*in oder Sänger*in ohne diese Stütze wäre spätestens nach zwei Stunden heiser. Durch entsprechendes Training kann ein/e gute/r Opernsänger*in dagegen einen ganzen Raum mit ihrer/seiner Stimme ausfüllen. Und das gleich an mehreren Abenden hintereinander. Deshalb hat gutes Sprechen mit Kontrolle der Atmung und Einsatz des Zwerchfells zu tun. Und man muss beim Sprechen die Zähne auseinander bringen. Dann wird’s deutlich, und die Fahrgäste müssen nicht, wenn sie gestolpert sind und mit verknackstem Fuß auf dem Gehweg sitzen, sagen: „Ach so, er meinte: Vorsicht beim Aussteigen!“